Am 15. Dezember 2021 lud die FDP Bonn zu einem Liberalen Treff mit Alexander Graf Lambsdorff, MdB. Der Titel der Veranstaltung lautete „Mehr Fortschritt wagen – Wie die Ampel das Land verändern wird“. Bis zu zeitweilig 60 Interessierte fanden sich online ein, um den Ausführungen des stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion zu lauschen.
Lambsdorff, Abgeordneter für Bonn, schilderte den Ablauf der Koalitionsverhandlungen in Berlin. Es seien arbeitsreiche Wochen für alle Beteiligten gewesen. In einer Sondierungsphase sei es zunächst darum gegangen, Symbolthemen auszuloten wie einen Mindestlohn von zwölf Euro oder die Rente, beides Themen der SPD, oder die Fortsetzung des Kohleausstiegs, ein Kernanliegen der Grünen.
„Ich glaube der Koalitionsvertrag kann sich wirklich sehen lassen“, resümierte Lambsdorff, der direkt an den Verhandlungen beteiligt war. Der Koalitionsvertrag trage „eine liberale Handschrift“. Dennoch sei eine „Hybris zu denken, das sei ein liberales Dokument“ fehl am Platz.
Die Liberalen hätten sich jedoch in vielen Punkten durchsetzen können. Dazu gehörten solide Finanzen ohne Steuererhöhungen, verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Neuinvestitionen und der gesamte Bereich ‘Modernisierung der Gesellschaft’ mit einer modernisierten Einwanderungspolitik. Auch das Thema Tempolimit sei im Sinne der FDP in den Koalitionsvertrag aufgenommen worden. Die FDP habe für das Ergebnis viele Jahre hart gearbeitet, in denen sich Programmatiker der Partei engagiert hätten.
Zwar, so Lambsdorff, besetzten die Grünen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundeswirtschaftsministerium nun eine wichtige Schlüsselpositionen, etwa im Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU. Doch sei die FDP über den neuen Bundesfinanzminister Christian Lindner im EU-Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) und der Eurogruppe vertreten. Die Liberalen säßen deshalb bei den wichtigen Themen Schulden, Wachstum und Zukunft des Euro stets mit am Tisch, weshalb man diese Themen „in Brüssel vor Ort selber kontrollieren“ könne. Beim Europäischen Rat werde es im Vorfeld enge Abstimmung zwischen den Koalitionspartnern geben, erklärte Graf Lambsdorff weiter.
An den Vortrag von Alexander Graf Lambsdorffs schlossen sich zahlreiche Fragen und Anmerkungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Dabei interessierte die Anwesenden vor allem das Machtverhältnis und die Zusammenarbeit zwischen den drei Koalitionspartnern sowie die Frage der Einhaltung des Koalitionsvertrages. Lambsdorff erläuterte, dass zwischen den Koalitionspartnern vereinbart worden sei, sich vor der wöchentlichen, vom Ablauf her stark formalisierten Kabinettssitzung jeweils für anderthalb Stunden auszutauschen, um sich „in den jeweils anderen hineinfühlen zu können“. Doch eines sei klar: „Ein Vertrag wird nicht reichen, um die Harmonie einzuhalten“, so Lambsdorff.
Die Fragen der Teilnehmenden richteten sich auch auf die Europa- und Außenpolitik. Der Außenpolitiker und frühere Diplomat Lambsdorff gab dabei auch eine Einschätzung zur aktuellen Lage in der Ukraine ab: Russland verlege möglicherweise nicht Truppen an die ukrainische Grenze wegen eines geplanten Einmarschs, sondern weil es sich nicht genug gesehen fühle, was seine eigenen Sicherheitsinteressen betreffe. Dies müsse man immer im Hinterkopf haben, wenngleich alles getan werden müsse, um eine militärische Eskalation zu vermeiden.
Lambsdorff spannte auch den Bogen zur Bundesstadt Bonn. Der Bonner Abgeordnete hatte sich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen für den Erhalt des Bonn-Berlin-Gesetzes stark gemacht. Der geschlossene Koalitionsvertrag beinhaltet nun ein eindeutiges Bekenntnis zum Bonn-Berlin-Gesetz.